Gleich das Wichtigste vorweg. Dem Vermieter gehört zwar die Immobilie, doch Sie als Mieter haben das Hausrecht. Ohne einen triftigen Grund müssen Sie ihm keinen Zutritt gewähren. Doch es gibt Ausnahmen, bei denen der Vermieter trotzdem in die Wohnung darf.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Vermieter hat kein allgemeines Zutrittsrecht
- 2 Ausnahmen: Wann darf der Vermieter trotzdem in die Wohnung?
- 3 Wann darf der Vermieter nach fristloser Kündigung in die Wohnung?
- 4 Voraussetzung und Fristen für die Wohnungsbesichtigung
- 5 Zu welchen Zeiten darf der Vermieter in die Wohnung?
- 6 Rechtsverstöße und Folgen
Vermieter hat kein allgemeines Zutrittsrecht
Vermieter haben kein „allgemeines Zutrittsrecht“, dürfen also nicht jederzeit die Wohnung des Mieters besichtigen (Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 25.05.2005, Aktenzeichen 5 C 275/04). Mit Beginn des Mietverhältnisses überträgt der Vermieter sein Hausrecht auf den Mieter. Der Mieter darf das Hausrecht auch gegenüber seinem Vermieter ausüben. Mieter haben das Recht, die angemieteten Räumlichkeiten ungestört zu nutzen. Dieses Recht ergibt sich aus Artikel 13 Absatz 1 des Grundgesetzes (Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung) sowie aus Artikel 14 GG (Eigentumsrecht als Besitzrecht an der Mietwohnung). Dem Besitzrecht des Mieters wird von der Rechtsprechung ein höherer Rang eingeräumt als dem Eigentumsrecht des Vermieters nach Artikel 14 GG. Dies geht aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 16.01.2004, Aktenzeichen 1 BvR 2285/03 hervor. Sollte der Vermieter unangekündigt vor der Wohnungstür stehen, und um Einlass bitten, darf ihn der Mieter daher zurückweisen. Die Abweisung durch den Mieter gibt dem Vermieter kein Recht zur Kündigung des Mietvertrags (Urteil Landgericht Berlin vom 18.04.2011, Aktenzeichen 67 S 502/10).
Ausnahmen: Wann darf der Vermieter trotzdem in die Wohnung?
In bestimmten Fällen muss der Mieter jedoch seinen Vermieter in die Wohnung lassen. Ob eine Wohnungsbesichtigung zumutbar ist, hängt nach einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts von der bisherigen Dauer des Mietverhältnisses und vom Ausmaß der Beeinträchtigungen ab, die für den Mieter mit der Besichtigung verbunden sind (Urteil Bundesverfassungsgericht vom 16.01.2004, Aktenzeichen 1 BvR 2285/03).
1. Gelegentliche Besichtigung ohne konkreten Anlass ist zulässig
Die Rechtsprechung geht davon aus, dass der Vermieter auch ohne bestimmten Grund zu einer gelegentlichen Überprüfung seines Mietobjektes berechtigt ist. Dies gilt insbesondere, um Gefahren und Mängel frühzeitig zu erkennen, und ihnen entgegenwirken zu können. Von diesem Besichtigungsrecht darf der Eigentümer aber nur nach Vorankündigung Gebrauch machen. Das geht aus folgenden Urteilen hervor: Amtsgericht Saarbrücken vom 22.12.2004, Aktenzeichen 4 C 365/04 und Amtsgericht Münster vom 18.12.2008, Aktenzeichen 6 C 4949/08. Die meisten Gerichte billigen dem Vermieter ein zurückhaltend ausgeübtes Besichtigungsrecht im Abstand von zwei Jahren zu (Urteile: Amtsgericht München vom 26.04.2001, Aktenzeichen 434 C 509/01; Amtsgericht Münster vom 08.02.2000, Aktenzeichen 28 C 6492/99, Landgericht Stuttgart vom 08.01.1985, Aktenzeichen 13 S 358/84). Bei Altbauten soll eine Wohnungsbesichtigung einmal jährlich zulässig sein, um (auch im Mieter-Interesse) versteckte Wohnungsmängel zu erkennen (Urteil Amtsgericht Saarbrücken vom 22.12.2004, Aktenzeichen 4 C 365/04).
2. Recht auf Betreten der Wohnung im Notfall
Bei einem Notfall darf der Vermieter eine Mietwohnung im Rahmen der sogenannten Selbsthilfe gemäß § 229 BGB betreten. Dies gilt auch nach einer Notöffnung der Wohnung. Allerdings ist Selbsthilfe durch den Vermieter nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Voraussetzung einer rechtmäßigen Selbsthilfe ist, dass obrigkeitliche Hilfe nicht rechtzeitig zu erlangen ist, und dass ohne sofortiges Handeln die Durchsetzung eines bestehenden Anspruchs nicht mehr möglich ist. Unter obrigkeitlicher Hilfe versteht man i.S.v. § 229 BGB die Hilfe des Staates: also das Eingreifen der Polizei oder der Beschluss eines Gerichts. Obrigkeitliche Hilfe erlangen Vermieter beispielsweise durch eine Räumungsklage, die zu einem Räumungsurteil führt. Als Selbsthilfe des Vermieters kommt ein eigenmächtiges Betreten der Mietwohnung insbesondere dann in Betracht, wenn dem Mieter oder der Wohnung Schäden drohen. Ein Beispiel hierfür ist, wenn beim Ausbruch eines Brandes der Vermieter bereits mit den Löscharbeiten beginnt, bevor die Feuerwehr eintrifft, und dadurch schlimmeres verhindert wird.
3. Klausel im Mietvertrag zu Besichtigungsrechts des Vermieters
Grundsätzlich kann das Besichtigungsrecht des Vermieters im Mietvertrag separat geregelt werden. Nicht erlaubt ist jedoch die Vereinbarung eines beliebigen Besichtigungsrechts, welches jederzeit ausgeübt werden kann. Falls Vertragsklauseln zum Besichtigungsrecht des Vermieters mit zwingenden Gesetzesvorschriften oder mit den Regeln zur AGB-Kontrolle (§§ 305ff BGB) unvereinbar sind, so führt dies zu ihrer Unwirksamkeit gemäß § 307 Absatz 1 Satz 1 BGB (Urteil Bundesgerichtshof vom 04.06.2013, Aktenzeichen III ZR 289/13). Dies gilt insbesondere für Klauseln in vorformulierten Mietverträgen, die dem Vermieter ein sehr weit gefasstes Zutrittsrecht ohne konkreten Anlass, ohne Vorankündigung oder Abwesenheit des Mieters einräumen.
4. Wohnungsbesichtigung durch Vermieter bei konkretem Anlass
Falls im Mietvertrag keine Besichtigungsklausel vereinbart wurde, und auch kein Notfall vorliegt, kommt ein Besichtigungsanspruch des Vermieters nur noch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) in Betracht. Hierbei berücksichtigt die Rechtsprechung die örtliche Situation und die jeweiligen Umstände. Die Rechte und Pflichten der Mietvertragsparteien und ihre unterschiedlichen Interessen werden jeweils sorgfältig gegeneinander abgewogen. Mieter sind verpflichtet, den Vermieter in ihre Wohnung zu lassen, wenn konkrete und berechtigte Gründe für eine Besichtigung vorliegen, siehe einige Beispiele.
- Wohnungsbesichtigung mit Nachmietern oder Kaufinteressenten
- begründeter Verdacht auf vertragswidrige Wohnungsnutzung
- Überprüfung von Wohnungsmängeln, die der Mieter gemeldet hat
- Vorbereitung von Maßnahmen zur Modernisierung oder Instandhaltung
- Suche nach Ursachen von Schäden
- Gefahrenabwehr: konkreter Anhaltspunkt für drohende Schäden
- Durchführung und Überwachung von Reparaturarbeiten durch Handwerker
- Ablesen von Messinstrumenten
- Vermessungsarbeiten
Wann darf der Vermieter nach fristloser Kündigung in die Wohnung?
Wurde dem Mieter fristlos gekündigt, heißt das nicht, dass der Vermieter sofort danach in dessen Wohnung darf. Auch bei einer fristlosen Kündigung muss dem Mieter eine Frist gewährt werden, z.B. um den Auszug zu planen. Üblich sind hierfür 2 Wochen. Erst wenn der Mieter offiziell ausgezogen ist, also z.B. die Schlüssel übergeben hat, darf sich der Vermieter Zutritt zur Wohnung verschaffen.
Voraussetzung und Fristen für die Wohnungsbesichtigung
Der Vermieter muss immer einen Grund für die Wohnungsbesichtigung angeben. Weitere Personen (beispielsweise Handwerker, Immobilienmakler oder Kauf-Interessenten) können an einer Besichtigung teilnehmen, wenn dies dem Besichtigungszweck entspricht, und der Vermieter die Teilnahme anlässlich der Besichtigungsanmeldung ankündigt. Siehe auch Urteil des Amtsgerichts Lüdenscheid vom 23.08.1990, Aktenzeichen 8 C 698/90. Eine Wohnungsbesichtigung setzt voraus, dass der Vermieter einen Termin mit dem Mieter abstimmt. Falls der Mieter zu einem vom Vermieter vorgeschlagenen Termin verhindert ist, ist ihm eine Ablehnung des Terminvorschlags möglich. Für diesen Fall muss der Mieter allerdings Alternativtermine vorschlagen. Bei berufstätigen Mietern ist gewöhnlich eine Anmeldung drei bis vier Tage vor dem geplanten Besichtigungstermin ausreichend. Teilweise fordern Gerichte aber auch eine längere Vorankündigungsfrist von ein bis zwei Wochen (Urteil Landgericht Berlin vom 09.02.1999, Aktenzeichen 64 S 305/98). Ist der Mieter nicht berufstätig, genügt eine Anmeldung 24 Stunden im Voraus.
Zu welchen Zeiten darf der Vermieter in die Wohnung?
Hinsichtlich der Tageszeit einer Wohnungsbesichtigung muss der Vermieter Rücksicht auf die privaten und beruflichen Interessen des Mieters nehmen. An Wochentagen können gewöhnlich Besichtigungstermine zwischen 10 und 13 Uhr sowie zwischen 15 Uhr (oder 16 Uhr) bis 18 Uhr vereinbart werden. Nur ausnahmsweise sind (mit Mieter-Zustimmung) auch Besichtigungstermine an Sonn- und Feiertagen zulässig. Berufstätige Mieter müssen nach der Rechtsprechung monatlich drei Besichtigungstermine mit Kaufinteressenten von 19 bis 20 Uhr gestatten. Diese dürfen jeweils 30 bis 45 Minuten in Anspruch nehmen. Siehe auch Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 24.05.2002, Aktenzeichen 2/17 S 194/01.
Rechtsverstöße und Folgen
Hat der Vermieter alle Voraussetzungen für eine Wohnungsbesichtigung erfüllt, und verwehrt ihm der Mieter ohne rechtlich relevanten Grund den Zutritt, steht dem Vermieter der Rechtsweg offen. Möglich ist z.B. Klage auf Duldung einer Besichtigung vor dem Amtsgericht oder ein Antrag auf einstweilige Verfügung. Der Mieter macht sich zudem der eventuell schadenersatzpflichtig. Dies ist zum Beispiel nach einer Kündigung des Mietvertrags durch den Mieter der Fall, wenn der Mieter dem Vermieter vor dem Auslaufen des Mietvertrages eine Besichtigung gemeinsam mit Mietinteressenten verweigert (Urteil Amtsgericht Berlin-Wedding vom 20.05.1997, Aktenzeichen 11 C 211/96). Möglicherweise ist der Vermieter bei rechtswidriger Verweigerung einer Besichtigung sogar berechtigt, den Mietvertrag zu kündigen (Urteil Landgericht Oldenburg vom 03.08.2012, Aktenzeichen 6 S 75/12). Beschafft sich der Vermieter ohne vorherige Genehmigung des Mieters mit einem Zweitschlüssel Zutritt zur Wohnung, begeht er Hausfriedensbruch (§ 123 StGB). Der Mieter kann dann auf Unterlassung klagen (Urteil Brandenburgisches Oberlandesgericht vom 27.05.2009, Aktenzeichen 3 U 39/09) oder den Mietvertrag fristlos kündigen.
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